Im Jahr 2019 feiert die Palatia Malz GmbH ihr 120-jähriges Jubiläum. Der perfekte Anlass, um den Chef zu Rückblick, Einblick und Ausblick zu befragen! Dr. Axel Göhler, Enkel des Gründers der Palatia Malz GmbH, im Interview.

Bestmalzblog: Herr Dr. Göhler, was ist Ihre erste Kindheitserinnerung an das Unternehmen Ihres Vaters und Großvaters?

Axel Göhler: Meine Familie ist schon seit sechs Generationen mit der Herstellung von Bier beschäftigt. Mein Urgroßvater war technischer Direktor einer größeren Brauerei in der Nähe von Berlin. Sein Sohn, mein Großvater Max Göhler, zog aus Berlin in die Rhein-Neckar-Region und übernahm in den 1930er-Jahren unser Stammwerk, die 50.000-Tonnen-Mälzerei in Kreimbach-Kaulbach. Bereits in der Nachkriegszeit setzte er sich zusammen mit anderen deutschen Brauern und Mälzern stark für den heimischen Anbau von Qualitätsgerste ein, denn gute Gerste war und ist die Basis für qualitätsvolles Malz. Das erste in unserem Familienunternehmen abgesackte Malz diente übrigens in dieser schwierigen Zeit der Herstellung von Malzkaffee. Fünfzehn Jahre nach Kriegsende stieg mein Vater Eberhard in die Führung des Unternehmens ein. Da die Verwaltung aus dem zerbombten Büro in Mannheim nach Heidelberg verlegt werden musste und unsere Familie hier auch lebte, haben wir Kinder zwar nicht zwischen Malzsäcken gespielt, aber natürlich war unser Unternehmen für uns immer präsent. In der Schulzeit haben wir zum Beispiel in Kreimbach im Labor mitgearbeitet oder im Versand ausgeholfen und uns hierdurch das Taschengeld aufgebessert. Auch bei Firmenjubiläen oder Weihnachtsfeiern durften meine beiden Brüder und ich immer mal dabei sein.

Bestmalzblog: War von Anfang an absehbar, dass Sie irgendwann die Unternehmensleitung und die Mehrheit der Firmenanteile übernehmen würden?

Axel Göhler: Überhaupt nicht! Mein älterer Bruder Martin stieg in den 1990er Jahren in die Firma ein und leitete sie ab 2001 allein, als mein Vater in den Ruhestand ging. Mich zog es in die Welt. Zum Studium ging ich in die USA, meine Promotion machte ich in St. Gallen, später als Berater bei einer amerikanischen Strategieberatung war ich auch viel unterwegs und schließlich gründete ich meine eigene Investment-Boutique in Hamburg. Aber natürlich war ich als Gesellschafter immer involviert und auf dem Laufenden, was unsere Mälzerei betraf. Dass ich in meiner Doktorarbeit zu familiengeführten Brauereien geforscht habe, ist sicherlich auch kein Zufall. Und Entscheidungen für größere Investitionen, wie etwa den Bau unserer ersten vollautomatischen Absackanlage 2007/2008, wurden natürlich eingehend im Gesellschafterkreis diskutiert. Das war übrigens eine wichtige Weichenstellung für unseren heutigen Erfolg.

Bestmalzblog: Das müssen Sie erklären.

Axel Göhler: Nun, es macht einen gewaltigen Unterschied, ob man Malz lose – also in Silofahrzeugen oder Containern – oder als Markenprodukt in Säcken vertreibt. Wir sprechen hier über zwei komplett unterschiedliche Geschäfte. Loses Malz muss qualitativ natürlich auch von einwandfreier Qualität sein, aber das Verpacken in Säcken bringt zusätzliche Aufgaben mit sich, die erst mal bewältigt werden wollen: jede Menge technische Herausforderungen, andere Systemanforderungen, erheblich mehr Personalbedarf in der Logistik – um nur einige zu nennen. Als dann später der Craftbiertrend aus den USA zu uns herüberschwappte und qualitätsvolle Spezialmalze verlangte, hatten wir jedenfalls schonmal eine von mehreren Voraussetzungen geschaffen, um auf diesem Markt mitzuspielen.

Bestmalzblog: Und was waren weitere Voraussetzungen?

Axel Göhler: Craftbier ist ein internationales Produkt, also muss man auch international aufgestellt sein. Viele sehen hier nur das höhere Gewinnpotenzial, aber der Teufel steckt im Detail. Internationaler Handel mit einem Lebensmittel, das vollständig auf natürlicher Basis – nämlich nach dem Reinheitsgebot – hergestellt wird, ist komplex und nicht ohne Risiken. Man muss sich mit Währungsthemen befassen, Einfuhrbestimmungen beachten, eine internationale Händlerstruktur aufbauen und natürlich auch weiterhin einwandfreie Qualität garantieren. Das sind alles Dinge, die gern unterschätzt werden. Andererseits liegt in der Komplexität auch der besondere Reiz – wenn es jeder könnte, bräuchte man ja Bestmalz nicht. Und last but not least bringt mein internationaler Background hier sicherlich auch den einen oder anderen Vorteil.

Bestmalzblog: Wie kam es denn dazu, dass Sie die Unternehmensleitung übernahmen?

Axel Göhler: Mit den beträchtlichen Investitionen in den Aufbau des Craftmalz-Geschäftes tat sich das Unternehmen in den ersten fünf Jahren erst einmal schwer. Die Familiengesellschafter überlegten gemeinsam, wie man das Potenzial schneller ausschöpfen konnte. Den schnellen Ausbau des Exportgeschäftes haben wir als Kernkompetenz angesehen. Aus meiner Hamburger Zeit, in der ich unter anderem die konsularischen Belange des Königreiches Jordanien zehn Jahre lang betreut habe, lag mir diese Aufgabe recht nahe. Ich bin dann für ein Jahr übergangsweise eingestiegen, bis ich Anfang 2015 die Unternehmensleitung von meinem Bruder Martin übernommen habe. In der Phase war noch unklar, ob der Weg in Richtung Spezialmalze der richtige sein würde. Was aber für mich von Anfang an klar war: Wir mussten einige grundlegende Veränderungen anstoßen.

Bestmalzblog: Welche waren das?

Axel Göhler: Ich habe zunächst mal einen Mitgesellschafter bei BESTMALZ herausgekauft und die Gesellschafterstruktur insgesamt deutlich gestrafft, um Entscheidungen zu beschleunigen. Heute gibt es nur noch drei Familiengesellschafter und klare Mehrheitsverhältnisse. In Familienunternehmen ist es ja häufig so, dass sich die Eignerschaft mit Generationswechseln auf mehrere Schultern verteilt, weil Anteile immer kleinteiliger vererbt werden. Das macht Entscheidungen oft langwierig. In meiner jetzigen Rolle als Mehrheitsgesellschafter kann ich die meisten Dinge von jetzt auf nachher entscheiden und auch umsetzen. Zweitens haben wir den Markenauftritt angepasst, damit die Marke „BESTMALZ“ auf internationalen Märkten besser funktioniert. Weiter haben wir die Unternehmensstruktur verändert, mehrere gesellschaftsrechtliche Einheiten zusammengefasst und drei eigenständige Organisationseinheiten geschaffen. Und schließlich haben wir die Digitalisierung unserer Prozesse vorangetrieben, damit auch unser betriebswirtschaftliches Planungssystem reibungslos funktioniert. Natürlich nicht zu vergessen die laufenden Maßnahmen an den Infrastrukturen der Produktion, wie Erneuerungen an den Keimstraßen, am Weichhaus, bei den Kälteanlagen oder bei den Abluftsystemen.

Bestmalzblog: Das klingt nach viel Arbeit.

Axel Göhler: Das stimmt allerdings! Gerade wurde unser jüngstes Projekt abgeschlossen: Mit der Jubiläumsfeier weihen wir das neue Lager- und Logistikzentrum am Standort Wallertheim ein. Auch das war wichtig, denn inzwischen produzieren wir deutlich über eine Million Säcke pro Jahr – vor fünf Jahren waren es noch knapp 300.000. Aber ich denke und hoffe, dass wir jetzt in ruhigere Fahrwasser kommen und diese ganzen Veränderungen im Unternehmen erst mal verdauen können. Die vergangenen Jahre waren aber auch alles andere als langweilig. Im Rückblick waren die Maßnahmen und Großprojekte seit meinem Einstieg essenziell, um unser 120 Jahre altes Traditionsunternehmen auf dem neuesten Stand zu halten. Unser Anspruch ist ja: Malze auf Weltklasse-Niveau weltweit zu vertreiben. Und wenn man dieses „world-class“ ernst meint, muss das alle Bereiche durchziehen: das Produkt selbst, den Service, die Händler und ihr Know-how, die Lagerung und die Verpackung. Nur im Gesamtbild ergibt sich ein Weltklasse-Auftritt.

Bestmalzblog: Wie finden Sie einen Ausgleich zur beruflichen Belastung?

Axel Göhler: Freunde, Familie und definitiv in der Natur, mit Jagd, Pferden und Hunden. Wir leben zu einer Hälfte am Bürostandort in Heidelberg und zur anderen im ehemaligen Verwalterhaus auf dem Betriebsgelände in Wallertheim. Von dort haben wir kurze Wege in die Felder und die gerade herrlich gefärbten Weinberge – und am besten ist es, wenn Pferde, Hunde und Menschen an einem Ort zusammen sind.

Bestmalzblog: Zum Schluss die logische Frage nach der Zukunft: Wo sehen Sie die Palatia Malz GmbH in 50 Jahren? Weiter in Familienhand?

Axel Göhler: Da muss man offen sein. Wir haben jetzt eine sehr gute Ausgangsposition, sind breit aufgestellt und gut diversifiziert. Wir wollen weitere Auslandsmärkte erschließen und ausbauen, etwa in Asien und Afrika. Gutes Bier ist in vielen Märkten ein knappes Gut. Wenn es gelingt, die Marke auch in den kommenden Jahren weiter zu etablieren, kann ich mir die Firma auch durchaus zehnmal so groß vorstellen wie heute. Für das Unternehmen und unsere Mitarbeiter ist entscheidend, dass die Gesellschaft von Menschen geführt wird, die wissen was sie tun und den hohen Qualitätsanspruch aufrechterhalten – unabhängig vom Familienstatus.

Bestmalzblog: Vielen Dank für das spannende Gespräch, Herr Dr. Göhler!