Vor welchen Herausforderungen die Heidelberger Mälzereigruppe stand und warum der BESTMALZ-Chef trotzdem optimistisch auf 2021 schaut

Auch zu Nicht-Corona-Zeiten pendelt Geschäftsführer Dr. Axel Göhler häufig zwischen den drei Standorten des Familienunternehmens Palatia Malz GmbH hin und her. Seitdem die Pandemie-Lage ausgerufen wurde, läuft dort jedoch so einiges anders: In den beiden Produktionsbetrieben der führenden deutschen Mälzereigruppe werden Besucher bis auf weiteres nur noch dann empfangen, wenn der Termin absolut betriebsnotwendig ist. Lkw-Fahrer werden gebeten, während der Fertigstellung der Papiere und der Beladung im Fahrzeug zu warten. Das Verwaltungspersonal wechselt ins Homeoffice und es herrscht überall Abstands- und Maskenpflicht. Im Interview blickt der Geschäftsführer auf die vergangenen Monate zurück, erklärt warum es Corona-bedingt keine Kursänderung im Unternehmen geben wird und veranschaulicht warum ihm vor der Zukunft nicht bange ist.

Welche Einschränkungen gab es bei Palatia Malz durch Covid-19?

Die Pandemie erfasste uns in drei Wellen. Bei den ersten Meldungen einer Pandemie in Deutschland ging es vor allem darum die Gesundheit der Mitarbeiter zu schützen. Die Prozesse mussten angepasst und die Schichteinteilungen so organisiert werden, dass persönliche Kontakte bei der Schichtübergabe minimiert wurden. Wo Homeoffice möglich war, wurde bereits im März darauf umgestellt. In der zweiten Phase kam es im April und Mai 2020 zu Umsatzrückgängen, die Kapazitätsanpassungen erforderten. Reparaturen wurden vorgezogen und auch einige Investitionen zogen wir vor, um sie in diesen „ruhigeren“ Zeiten abzuarbeiten. Etwas zeitversetzt musste im dritten Schritt die Herausforderung gelöst werden, dass aufgrund des trockenen Wetters Zulieferer darauf drängten, Gerste und Weizen aus Altkontrakten vor dem Einbringen der für Juni/Juli erwarteten Ernte 2020 komplett abzurufen. Das war nicht so einfach, denn aufgrund des Corona-Lock-Downs hatten Brauereien nicht die üblichen Mengen an Malz abgerufen. Folglich waren die freien Lagerkapazitäten knapp. Nach einer Gesamtinventur aller Silos wurde der verfügbare Lagerplatz bis auf den letzten Millimeter ausgereizt. Externe Läger wurden angemietet und bei großen deutschen Braugruppen kurzfristige Zusatz-Abschlüsse getätigt. Am Ende passte dann alles irgendwie, aber es war schon knapp.

Was für Auftrags- und Umsatzeinbrüche hatten Sie zu verzeichnen?

Konkrete Zahlen zu den pandemie-bedingten Einbußen im Umsatz oder beim Absatz veröffentlichen wir nicht. Allerdings war die gesamte Mälzerei-Branche mehr oder weniger stark betroffen. Die Monate April und Mai zeigten einen substantiellen Rückgang. Im Sommer kehrten wir auf das Vorjahresniveau zurück. In den Herbst- und Wintermonaten läuft das Malzgeschäft traditionell etwas ruhiger. Das heißt bei uns herrscht derzeit Normalbetrieb. Auf das ganze Jahr 2020 gesehen wird allerdings der monatelange der Wegfall des Fassbiergeschäftes deutliche Einbußen für Brauer und Mälzer bringen.

Welche Maßnahmen haben Sie ergriffen, um gegenzusteuern?

Zum einen haben wir die angebotenen wirtschaftlichen Unterstützungsmaßnahmen der Regierung geprüft und teilweise auch in Anspruch genommen. Zum anderen und vor allen Dingen haben wir unsere Mitarbeiter von Anfang an sehr eng in unsere strategischen Überlegungen zur Überwindung dieser Krise einbezogen, was sich in ganz hervorragender Weise bezahlt gemacht hat. Im größeren Teil des Unternehmens haben wir keinen Betriebsrat. Um Kurzarbeit in Teilbereichen einführen zu können, waren einzelvertragliche Einigungen mit den Mitarbeitern erforderlich. Als wir im März auf die Kollegen mit dieser Absicht zugingen, hat sich kein einziger Mitarbeiter quergestellt. Alle unserer etwa 100 Mitarbeiter haben in dieser schweren Bewährungsprobe an einem Strang gezogen. Solche Loyalität ist bemerkenswert und freut mich natürlich sehr!

Was kann die Politik tun, um der (mittelständischen) Wirtschaft zu helfen?

Die Politik muss die wirtschaftlichen und personellen Belastungen der Firmen erkennen und zielgenau reagieren. Covid-19 ist für die Politik ein hochkomplexes Problem, weil es viele unbekannte Größen gibt und zudem alle Bereiche des gesellschaftlichen Miteinander betroffen sind. Keine Branche kann in einer derart unübersichtlichen Situation erwarten, dass die eigenen Interessen im Zentrum politischer Überlegungen sein können. Der Mittelstand ist aber das – leider oft ungehörte – wirtschaftliche Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Fehlender Lobbyismus darf nicht dazu führen, dass der deutsche Mittelstand vernachlässigt wird. Gerade bei den regional zuständigen politischen Entscheidungsträgern in den Bezirken unserer beiden Werke ist man manchmal schon überrascht, wie wenig Verständnis man für die aktuelle Stress-Situation eines an sich kerngesunden deutschen Mittelstandsbetriebs hat.

Für die deutschen Mälzer im Allgemeinen ist eine leistungsstarke deutsche Landwirtschaft zum Beispiel von zentraler Bedeutung. Hier darf die Politik nicht den Floskeln von Meinungsmachern folgen, sondern sollte kritisch prüfen, ob geplante Maßnahmen auch wirklich zielführend und zudem nicht übermäßig restriktiv für die davon betroffenen Branchen sind.

Was werden Sie tun, um wieder „auf Kurs“ zu kommen?

Einen Kurswechsel wird es durch Covid-19 bei unserem Unternehmen nicht geben. Der wäre auch völlig unangebracht. Unsere wichtigen Geschäftspartner im In- und Ausland standen schon immer im Zentrum unserer Bemühungen. Corona hat einige unserer Händler im Ausland stark getroffen und auch die neusten Verschärfungen in den behördlichen Auflagen stellen sie vor handfeste Schwierigkeiten. Unsere Loyalität ist jetzt mehr denn je gefragt. Auch die hohe Qualität unserer Produkte ist vor, während und nach C-19 eine conditio-sine-qua-non und das Kernelement unseres Selbstverständnisses. Die Brauer erwarten von uns nur BESTes Malz und sollen es auch bekommen. Auch hier darf die Pandemie weder eine Entschuldigung noch eine Einschränkung sein. Und last but not least ist die hervorragende Mitarbeiterschaft unseres Unternehmens der Grund, warum wir in der Lage sind, uns weltweit jeden Tag neu gegen eine Vielzahl von Mitbewerbern durchzusetzen. Mit guten Partnern, hervorragender Qualität und exzellenten Mitarbeitenden ist mir um die Zukunft unseres Unternehmens nicht bange.