(Bildquelle Ausstellungsfoto: http://thefaceofbeer.net/)

Die Craftbier-Brauerei La Nebuleuse ist selbst in der von Mikrobrauereien verwöhnten Schweiz etwas Besonderes. Die drei Freunde Arthur Viaud, Jeremy Pernet und Kouros Ghavami brauen im schönen Lausanne seit 2014 Biere, die wirklich alles außer Mainstream sind. So scheuen sich die jungen Brauer nicht, einem Bier auch mal Senf-Aromen beizufügen oder ein IPA als „Italian Pizza Ale“ neu zu interpretieren. BESTMALZblog sprach mit Kouros Ghavami, einem der drei Gründer von La Nebuleuse.

BESTMALZblog: Kouros, was hat dich dazu gebracht, Bier zu brauen? Gibt’s eine Anekdote dazu?

Kouros Ghavami:Arthur kenne ich, seit wir 14 sind, Jeremy sogar noch aus dem Kindergarten. Wir waren schon Bier-Freaks, bevor wir es überhaupt trinken durften – schon als Jungs haben wir mit einer Bier-Enzyklopädie begonnen. Bereits damals träumten wir davon, eine eigene Bierkneipe zu eröffnen. Dann haben sich unsere Wege ein bisschen getrennt, wir studierten alle unterschiedliche Fächer und zogen aus der Schweiz weg. Als wir uns in den Ferien mal wieder dort trafen, gab uns Arthur sein erstes selbst Gebrautes zum Probieren – und das schlug bei uns mächtig ein! Wir haben daher während unserer Unizeit hobbymäßig mit dem Bierbrauen in der Küche begonnen. Ein paar Jahre später haben wir dann den großen Schritt gewagt, unsere Jobs aufgegeben und eine kleine Brauerei in einem Keller in Lausanne eröffnet. Der Rest ist Geschichte. Und jetzt bin ich der Stolz meiner Familie, weil wir endlich wieder einen Brauer in der Familie haben. Mein Großvater war nämlich Geschäftsführer einer Altbier-Brauerei im Rheinland.

BESTMALZblog: Was ist dir bei deiner Arbeit als Brauer wichtig, worauf kommt es dir an?

Kouros Ghavami:Das Wichtigste für mich als Brauer ist es, so präzise wie möglich zu sein. Ich glaube zwar nicht, dass ich jemals ein „perfektes“ Bier brauen werde. Das bedeutet aber nicht, dass ich nicht an gutes Bier glaube. Es gibt beim Brauen so viele Parameter, die das Ergebnis beeinflussen: Malzschüttung, Enzymaktivität, Wasserqualität, Fermentation und so weiter. Ich versuche, sie alle zu kontrollieren, damit ich jede Charge so präzise wie möglich nach unseren Vorstellungen produzieren kann. Und wir versuchen, in unseren Rezepturen jede biochemische Interaktion im Brauprozess zu berücksichtigen. Das ist ein recht wissenschaftlicher Ansatz, den ich aber sehr inspirierend und aufregend finde.

BESTMALZblog: Welches ist dein liebstes Bier aus deiner Produktion? Und von anderen?

Kouros Ghavami:Ach, bei den eigenen Kindern kann man ja auch nicht sagen, welches einem das Liebste ist! Trotzdem bin ich gerade sehr zufrieden mit unserem Hold Hop, einem Double Oat IPA. Es ist großartig – Hafer und Weizen geben dem Bier einen weichen Körper. Dazu eine kräftige Note von Mosaic-Hopfen im Whirlpool und trockenem Hopfen für maximales Aroma. Obwohl dieses Bier 8 Prozent hat, ist es sehr süffig – und tückisch! Mein derzeit favorisiertes Bier von anderen Brauern ist Consecration von Russian River. Das ist ein starkes, im Rotweinfass gereiftes Ale, das den holzigen Rotwein-Charakter perfekt mit Karamell- und Schokoladen-Aromen aus dem Malz verbindet.

BESTMALZblog: Und hast du ein Lieblingsmalz unter unseren Sorten?

Kouros Ghavami: Auch da habe ich viele, die ich mag. Ich stehe vor allem auf euer Dinkel- und Rauchmalz. In letzter Zeit brauen wir aber auch immer mehr Pils-Sorten, also verwenden wir viel Pilsener Malz.

BESTMALZblog: Welche Katastrophen sind dir schon passiert – ist dir schonmal ein Sud oder Bier so richtig danebengegangen?

Kouros Ghavami:Das Schlimmste war, dass unsere alte Brauerei niedergebrannt ist! Wir hatten Glück, weil die Feuerwehr sehr schnell da war und Schäden am Gebäude verhindern konnte. Aber das Brauhaus hat sehr gelitten. Es hat lange gedauert, bis alles wieder lief, denn wir hatten überall in unseren Büros Löschwasser, die Produktion war zerstört und wir konnten erstmal nicht weiterarbeiten.

BESTMALZblog: Ihr seid seit eurer Gründung sehr schnell populär geworden und gewachsen. Welche Ziele habt Ihr noch?

Kouros Ghavami:Wir haben keine reinen Wachstumsziele. Es kann gefährlich sein, wenn man zu schnell wächst. Solange wir die Rezepturen brauen können, die wir wollen, sind wir zufrieden. Wir wollen interessantes, qualitativ hochwertiges Bier brauen, das Spaß macht. Wir werden als Brauerei wahrgenommen, die Leute zum Craftbier „bekehrt“, die neue Zielgruppen erschließt. Wir betonen das Soziale am Bier, schaffen Emotionen und versuchen herauszufinden, warum Menschen Bier mögen. Wir arbeiten daran, Bier wieder als gastronomisches Produkt zu platzieren. Hier in unserer Region hat Genuss einen hohen Stellenwert, aber es geht fast immer nur um Essen und Wein. Wir haben Spaß daran, das zu ändern und Menschen wieder zum Biergenuss zu bringen.

BESTMALZblog: Was bedeutet eigentlich der Name „La Nebuleuse“?

Kouros Ghavami: Wir nehmen darin auf kosmische Nebel oder Gaswolken Bezug. Es drückt aus, dass wir mehr wollen als nur Bier herzustellen: Wir wollen ein Universum rund ums Bier schaffen. In unserem Tap Room veranstalten wir Events und versuchen, mit möglichst vielen verschiedenen Künsten zusammenzuarbeiten. Wir haben sogar unsere Produktion als Ausstellungsfläche genutzt, zum Beispiel für das Projekt „Face of Beer“, in dem der Künstler Fotografien von Brauern mit Bier entwickelt hat.

BESTMALZblog: Welchen Tipp hast du für das perfekte Bier?

Kouros Ghavami:Wie gesagt: ich glaube nicht an das perfekte Bier. Trotzdem bin ich davon überzeugt, dass man auch beim tollsten Bier noch etwas verbessern kann, selbst wenn der normale Biertrinker vielleicht gar keinen Unterschied schmecken würde. Ich empfehle Brauern immer, dass sie sich der biochemischen Reaktionen sehr bewusst sein sollen – welche und wie sie stattgefunden haben. Dann wissen sie, wie sie sie interpretieren müssen. Und das gibt Sicherheit.

BESTMALZblog: Hast du ein Motto?

Kouros Ghavami:Entschuldigt die Wortwahl, aber unser Motto ist: „Sch*** auf Neutralität!“. Wir Schweizer haben ja in der Welt ein bestimmtes Image – wir jedoch wollen beweisen, dass die Schweiz überraschend cool sein kann.